18th Century Royals Fishing For The Esoteric

Herzog Ferdinand hatte den Wunsch, für das Geheimnis der Freimaurerei eine befriedigendere Erklärung zu finden als die Abstammung von den Tempelrittern. Er hatte eine natürliche Neigung, mystische Lösungen zu vermuten. Nachdem Transmutationsexperimente, die er durchführen hatte lassen, mißlungen waren, begab er sich nach dem Beispiel Karls von Hessen auf andere Wege als die Alchimie es war. Karl von Hessen, der Landgraf, war Anhänger des Mystizismus. Er bemühte sich mit übernatürlichen Mächten in Beziehung zu treten und Hohepriester einer Geheimsekte zu werden, "und träumte davon, eine Kirche zu gründen, die zw. Katholiken und Reformierten vermitteln sollte und von der Erwartung der Jahrtausendwende erfüllt war".

Karl von Hessen war überzeugt, daß die Unbekannten Oberen im Besitz der Integralen Wissenschaften seien und sammelte daher alle Dokumente von verschiedenen FM-Systemen, die er bekommen konnte. Herzog Ferdinand hatte sich eng mit ihm verbunden und besuchte ihn oft. Diesen Treffen wohnte auch der Graf von St. Germain bei, dem der Landgraf in seinem Schloß Gottorp ein Refugium gewährt hatte und der später in seinen Armen sterben sollte. (Der Graf von St. Germain hatte verschiedene Namen benutzt, bevor er bei diesem geblieben war.) Aus den Gesprächen mit Karl von Hessen hatte Herzog Ferdinand die Überzeugung gewonnen, daß einige auserwählte Menschen mit den Bewohnern des Jenseits in Verbindung treten und von ihnen Klarheit über die Lösung der bedeutendsten Probleme erhalten könnten.

Die beiden Fürsten interessierten sich daher lebhaft für den Bericht, den sie von Wächter über die unschätzbaren Entdeckungen bekamen, die jener während seines Aufenthalts 1778 in Italien gemacht hatte. Wächter war ja Abgesandter der beiden Fürsten.

Seine Erzählung: Er habe in Florenz einen Eingeweihten getroffen. Von diesem sei er in den 1. und 2. Grad der Rosenkreuzer eingeweiht worden. (allerdings gab er anderswo widersprüchliche Angaben, und zwar über mehr als nur 2 Grade... überhaupt widersprach er sich angeblich mehrfach in seinen Aussagen.)

Wächter war ja beauftragt von Herzog Ferdinand u. Karl von Hessen, bestimmte Dinge zu ermitteln.

Der Eingeweihte äußerte sich (auf die Fragen Wächters) über Gugomos nicht bes. positiv und sagte, er könne über das Schwed. System kein Urteil abgeben. Wächter wohnte angeblich verschiedenen Sitzungen bei, in denen der Eingeweihte, oder "Freund" wie er ihn nannte (er mußte anonym bleiben) Geister herbeirief und mit ihnen redete.

Dies Geisterbeschwörung hätte, so Wächter, nichts mit der Freimaurerei zu tun (weil es Geisterbeschwörung in der Freimaurerei nicht gab). Es gäbe in Florenz jedoch Verborgene Obere, die das "absolute Wissen" besäßen und die dem templerischen System helfen könnten, das Wahre Ziel der Freimaurerei zu erreichen indem sie ihm die höchsten Grade und seinen Anführern "die Heilige Weihe" geben würden.

Ferdinand von Braunschweig und Karl von Hessen waren beeindruckt von dem, was Wächter ihnen erzählte. In der Folge kam Ferdinand von Braunschweig ganz ab von der Templerlegende. Er war sich unsicher, ob er der Strikten Observanz, die sich bereicherte und nur aus finanziellen Gründen möglichst viele Brüder aufnahm, ungeachtet deren Qualitäten und deren Reife, weiterhin vorstehen könne. Er wollte nun ein Rundschreiben an alle Logen herausgeben, das seine Haltung darstellen sollte. Dieses Rundschreiben stieß jedoch auf Widerstand zuerst beim Direktorium, und dann (nach der Aussendung) bei den Kapiteln. Da traten neue Lehrer auf, die Ferd. von Braunschweig ihre Dienste anboten: Die Wohltätigen Ritter.

1774 schon hatten die Mystiker von Lyon den Schleier des Heiligtums gelüftet und zwar vor dem Baron von Eyben (Geheimrat und Kanzler des Herzogs von Sachsen-Meiningen), der Mitglied der Str. Obs. war. Die französ. Templer hatten ihn in ihre drei symbolischen Grade und in den Grad eines Schottischen Meisters französ. Sprache aufgenommen.

Außerdem wurde ein Vortrag speziell für ihn vorbereitet, wodurch er sich einen Begriff von den Lehren der Auserwählten Coens machen konnte. All das schien jedoch keinen großen Eindruck auf ihn gemacht zu haben, denn es weist nichts darauf hin, daß er gegenüber den rechtsrheinischen Templern auch nur ein Wort darüber verloren hätte.

Es war Wächter, der die Aufmerksamkeit seiner fürstlichen Anhänger auf die Templer der Auvergne lenkte. Er riet nämlich 1779 mit den Oberen der 2. Provinz über die Obergabe der in ihrem Besitz befindlichen Dokumente an die Archive des Direktoriums von Braunschweig zu verhandeln. Er schien damit die Wertschätzung der Templerlegende im Bewußtsein der beiden Fürsten zerstören zu wollen. Die Auvergne hatte einen schmeichelhaften Ruf als Zentrum der Einweihung. Starck hatte das Wissen der Tempelkleriker, die nach der Zerstörung ihres Ordens "in die Berge der Auvergne" geflohen waren, hoch gerühmt. Als Weiler 1774 aufgebrochen war, um die 2. Provinz einzurichten, hatte Ferdinand von Braunschweig ihm aufgetragen, nach den Spuren zu suchen, welche diese geheimnisvollen Weisen möglicherweise hinterlassen hatten.

Weilers Suche war ergebnislos geblieben und Wächter nahm wahrscheinlich an, die Prüfung der Archive der Provinz würde der Templerlegende und folglich auch der geheimen Templerlegende den Todesstoß versetzen.

Karl von Hessen beauftragte Saltzmann mit den Verhandlungen. (S 64 oben) Er sollte die Anführer der Str. Obs. für das System der Wohltätigen Ritter anwerben. Salzmann wollte deren Neugierde wecken und enthüllte Wächter, daß J. B. Willermoz der (geheime) Hauptförderer des Templersystems von Lyon sei und ließ ihn die Ritualhefte der Großen und Kleinen Professio lesen, ohne sie ihm jedoch zu überlassen.

Aber eine Kopie der Schriften schickte er an Karl von Hessen und teilte ihm mit, daß diese die beiden vorbereitenden Grade zum Geheimwissen bildeten, das Willermoz besaß.

Die beiden Fürsten erhielten jedoch auch auf anderem Wege Auskünfte über das Lyoner System.

Der dänische Templer Baron von Plessen, Mitglied der Str. Obs., war als Gesandter des Königs von Dänemark in Italien (Neapel) gewesen. Dort hatte er Kontakt zu Naselli (Präses d. Großprofessenkollegiums und Subprior des Templerkapitels l'Aquila) und auf seiner Rückreise hatte er in Turin den Großprofeß Giraud getroffen. In Lyon am 9. Okt. 1779 angekommen, empfing ihn Willermozaufgrund der 2 Empfehlungsschreiben, die er von Naselli und Giraud mitgebracht hatte. 5 Tage später ließ Willermoz ihn Einsicht in die Schriften nehmen, und er wollte ihn auch noch vor Ende desselben Monats zur Großen Professio zulassen. (Plessen durfte aber keine Abschrift der Dokumente machen.)

Zurückgekehrt nach Kopenhagen, schickte Plessen von dort aus dann lange Berichte nach Lyon und er bemühte sich eifrig, Willermoz' Vertrauen zu gewinnen. Plessen wollte wohl mit Hilfe des in Lyon erworbenen Grades eine bedeutende Rolle in der FM spielen.

Er berichtete u.a. nach Lyon, daß er Herzog Ferdinand und Karl von Hessen gegen über die Sache der Wohltätigen Ritter vertreten habe und daraufhin wolle nun Herzog Ferdinand ein Konvent in Frankfurt einberufen, und er wolle Willermoz über Plessen bitten, Willermoz selbst solle dem Konvent vorstehen.

Die Wohltätigen Ritter erhielten durch Plessens Berichte viele Informationen über den Zustand der Str. Obs. und die Neigungen seiner Mitglieder und sie hofften, unter den dortigen Brüdern Verbündete zu gewinnen.

Plessen berichtete z. B. über die Unzufriedenheit, welche die Wahl des Herzogs von Södermanland zum Provinzial von Norddeutschland bei den dänischen Templern hervorgerufen hatte. Ober Eyben, der ihn gebeten hatte, eine Nachricht an das Metropolitankapitel (das ist wohl das Lyoner Kapitel) zu übermitteln, berichtete Plessen mit Geringschätzung. Er wollte offensichtlich einen Konkurrenten ausschließen.

Saltzmann hätte nach Plessens Ansicht jedenfalls voreilig gehandelt, als er Karl von Hessen die Lektüre der Kl. und Gr. Professio gab. Denn Karl von Hessen war von diese Lektüre tatsächlich nicht so beeindruckt, wie sie gehofft hatten und außerdem hatte er von Waldenfels noch andere Informationen bekommen (z. B. daß Willermoz 6 Grade zu vergeben hätte, während Saltzmann nur in Besitz von 3 Graden sei.)
 

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