Savalette Asks
Chefdebien: Check On Falk, "Head of All Jews"
Chefdebien sollte im Auftrag von Savalette Erkundigungen über
Schröpfer einholen (der bereits gestorben war), weiters über Gugomos, über die
Rosenkreuzer von Wetzlar, deren Oberhaupt Schröpfer gewesen sei. Er sollte sich
auch über Waldenfels erkundigen, über den schwäbischen Priester Gassner (der
durch Gebete, Exorzismen und Handauflegen Heilungen erziele und von dem nicht
bekannt sei, ob er Freimaurer sei), und über Falk, der angeblich Rosenkreuzer
oder "Oberhaupt aller Juden" sei, der z.B. das genaue Datum des Todes
von Ludwig XV. vorausgesagt hätte...
Auch das Zinnendorfsche System interessierte die Amis Reunis,
denn der Graf von Schmettau hatte in Paris eine solche Loge zu errichten
versucht. Chefdebien sollte auch Scherer in Straßburg befragen, und zwar
hinsichtlich Zinnendorfs Lehrer, den Schweden Eckleff, um ev. Informationen
über die Schwedische Loge zu erhalten. Chefdebien sollte versuchen, auf dem
Konvent das Vertrauen bestimmter Mitglieder der Str. Obs. zu gewinnen, zum
einen Beyerles (Oberhaupt der rektifizierten Logen Lothringens), zum anderen
Baron von Leuwenstein's, ein Mitglied des inneren Ordens.
Sollte Chefdebien unter Umständen Livi (Vertreter der
neapolitanischen Freimaurer und Mitglied der Amis Reunis) auf dem Konvent
treffen, könne er von ihm vielleicht Informationen über die italienische
Freimaurerei erhalten.
Dann ging es um Weiler (einer der früheren Assistenten Baron
von Hunds und Gründer der Direktorien von Lyon und Bordeaux) und um Wächter,
der 3 deutsche Fürsten in die Freimaurerei aufgenommen habe und der in Florenz
einen Nicht-Europäer getroffen habe, der ihm eine vollkommene Weisung habe
zuteil werden lassen. Chefdebien solle Wächter beobachten, aber sich als
Vertreter der Amis Reunis erst gegen Ende des Konvents zu erkennen geben. Vor
allem aber sollte Chefdebien seine Untersuchungen auf die Auserwählten Coens
(Begründer- Pasqually) ausdehnen, von deren Arbeit Savalette nicht die
geringste Vorstellung hatte.
Savalette nannte Chefdebien nur drei Brüder, auf die er sich
stützen könne, falls sie am Konvent anwesend wären: 1) Prinz Ludwig von
Hessen-Darmstadt 2) der Fürst von Schönaich Corolath (der in den Orden der
Wohltät. Ritter aufgenommen hätte werden sollen und 3) Tieman, auf den die Amis
Reunis zählen wollten. Savalette wollte jedensfalls mit den Amis Reunis
unabhängig bleiben vom Groß-Orient und verkündete, daß dieser Vertreter zum
Konvent nach Wilhelmsbad sandte.
Dennoch fanden die konkurrierenden Systeme Deutschlands und
Frankreichs, was die Lehre betraf, einen Nenner mit den beiden Verbündeten
Ferdinand von Braunschweig und Willermoz. Sie hatten alle ähnliche Neigungen
und Grundsätze: Sie glaubten an das Vorhandensein einer geheimen Überlieferung,
an Alchimie, Kabbala, Arithmosophie (alles okkulte Wissenschaften) und
zeremonielle Magie, an die Erforschung übernatürlicher Phänomene und sinnlich
wahrnehmbare Offenbarungen der spirituellen und göttlichen Welten.
Eine andere Art von Gegner stellten die den
"Aufklärern" zugeneigten Freimaurer dar, die eine gegensätzliche
Position in grundsätzlichen Fragen einnahmen.
Die Anhänger der Aufklärung waren hauptsächlich Protestanten.
Sie anerkannten die Bibel, soweit sie sich mit der Vernunft und den Grundsätzen
des wissenschaftlichen Experiments vereinbaren ließ. Den Katholizismus
verachteten sie und sahen ihn als Zufluchtsort des Aberglaubens an.
Die deutschen Rationalisten fühlten sich in der Umgebung der
englischen Freimaurerei wohl, die eine natürliche Tochter des Protestantismus
war und in der man den Eid auf die Bibel leistete und Christus als
"Messias und großen Baumeister der Kirche" anbetete.
Der
Kryptokatholizismus
Es gab in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts aber auch
viele, die Anleihen bei der kath. Kirche machten, d.h. daß zahlreiche kath.
Riten im Gewand freimaurerischer praktiziert wurden.
Die deutschen protestantischen Freimaurer hatten seit ihrer
Jugend gehört, daß der Katholizismus ein mit Magie befleckter Kult sei, sodaß
dies schließlich ins Gegenteil umschlug: Man empfand eine gewisse Lust, sich
hinter verschlossenen Türen dem "Zauber der Circe jenseits der Berge"
zu überlassen.
In einer Zeit des Rationalismus hatte sich die unbefriedigte
Phantasie offensichtlich vom Okkultismus angezogen gefühlt. Auch Starck hatte
seinen Katholizismus mit etwas Magie und Astrologie aufzuwerten versucht um
dadurch Anhänger zu gewinnen. Er entnahm den kath. Riten verschied. Elemente
wie Gewänder, Kopfbedeckung, Weihrauchschwenken, lateinische Choräle singen
usw. und verstärkte das ganze noch mit etwas Papismus (Papst-Kult?). Man sprach
auch von einem Kryptokatholizismus bei den Klerikern! (Pseudokatholizismus?
Dilettantismus?) Starck hatte dem Protestantismus bereits 1766 abgeschworen,
was damals aber nicht bekannt war.
Diese Neigung zum Katholizismus war zwar eine oberflächliche
Bewegung, sie wurde aber von strenggläubigen Protestanten und rationalistischen
Freimaurern ernst genommen. Da sie ihre wahren Ursachen nicht erkannten,
glaubten sie in dieser Bewegung subversive Umtriebe zu sehen. Gleichzeitig
wurde sie auch mit den Tempelrittern in Verbindung gebracht:
Hund hätte in Paris dem protestantischen Glauben abgeschworen
und hätte einem Kapuzinermönch während der Zeit des 7-jährigen Krieges
Unterschlupf gewährt. Weiler (Hunds Botschafter), der am Collegium clementinum
in Rom studiert hatte, sei dort nach eigenen Angaben in Anwesenheit zweier
Benediktinermönche zum Tempelritter geschlagen worden und ein Templer aus Prag
schrieb an einen anderen, daß, wenn man die Riten und Gewänder der Kleriker
betrachte, man Starck des Kryptokatholizismus beschuldigen müsse.
Die neue Legende der Tempelritter nahm nun, als man glaubte,
die Urheber dieser Intrigen gefunden zu haben, konkretere Formen an. Dazu kam
die seit 200 Jahren verbreitete Meinung, daß die mönchischen Heerscharen (die
Templer) im Dienst des heiligen Stuhls gestanden hatten. Der Papst hatte zwar
unter dem Druck der französ., span. und portugies. Regierung 1773 den
Jesuitenorden aufgelöst, aber laut Aussagen der Aufklärer würden diese im
Geheimen weiterarbeiten und seien deshalb umso gefährlicher geworden. So wurde
die jesuitische Legende geboren, die von nun an ihren Platz unter den
freimaurerischen Fabeln einnahm.
Die Jesuiten wurden ja schon früher beschuldigt, unter dem
Decknamen der Rosenkreuzer die Logen unterwandern zu wollen, und sie hätten
größte Ähnlichkeit zum Orden Jesu (= Jesuiten). Auch Gugomos unnd Wächter
wurden von manchen als Kundschafter der Jesuiten bezeichnet. Die Jesuiten waren
wohl DIE Feinde der Freimaurerei und Werkzeug der katholischen Kirche und des
Papstes.
Christoph
Bodes Gedanken zur Strikten Observanz
Der Procurator Generalis der 7. Provinz Christoph Bode hatte
überhaupt seine eigene Theorie über die Entstehung der Templer und deutete die
Symbole und Riten auf seine eigene Weise. Er meinte, daß die Anhänger Loyolas
im 17. Jahrhundert die Templer gegründet hätten, als getarnte Jesuitenbewegung
im Kampf gegen den Protestantismus. Sie seien außerdem mit den Stuarts
verbündet gewesen. Bode, der sich zunächst in Hamburg, dann in Weimar
niederließ, machte aus seinen Theorien sogar eine öffentliche Anklage. In einer
Denkschrift an Ferdinand von Braunschweig formulierte er seine Anschuldigungen.
Er verdächtigte auch Hund einer verdeckten Gründung eines
templerischen Systems, der Strikten Observanz. Schließlich griff er auch (in
einer 3. Broschüre) die Wohltätigen Ritter an. Er sah auch in ihnen Komplizen
der Jesuiten,
Aber er wollte auch eine größere Öffentlichkeit erreichen und
brachte eine anonyme Schrift heraus, die folgenden Titel hatte-
"Unparteiische Prüfung des Buches betitelt "Des Erreur et de la
Verite" etc., von einem Lalenbruder in Sachen Wissenschaft." Das
Traktat St. Martins war in ihr als Plädoyer in allegorischer Form für den
geheimen Einfluß dargestellt, welche die Jesuiten auf die Freimaurerei nahmen.
Die
Bayerischen Illuminaten
Bode fand Verbündete in den Bayrischen Illuminaten, deren
Gründer Adam Weißhaupt war, der Professor der Rechte an der Universität
Ingolstadt war. Die bayr. Illuminaten waren urs2rünglich keine freimaurerische
Verbindung, sondern eine weltliche Institution von hochschulähnlichem
Charakter, deren Ziel es war, die Vorherrschaft des kath. Klerus und der
früheren Jesuiten in allen Fragen von Unterricht und Lehre im Kurfürstentum
Bayern zu brechen. Es gab bei ihnen 3 Klassen: Novizen, Schüler der Minerva
(Minervalen) und Erleuchtete Minervalen.
Die Bezeichnungen der Orte wurden der griech. und röm. Antike
entlehnt. Z. B. Bayern war bei ihnen Griechenland und Österreich Ägypten.
Da es ihnen nicht gelang, für eine Klasse der Mysterien neue
und noch nie dagewesene Riten zu erfinden, ließ sich Weißhaupt in die Münchner
Loge "Theodor zum guten Rat" aufnehmen. Dadurch lernte er Freiherr
Adolf von Knigge kennen, de dann der eigentliche Organisator des Ordens der
Bayrischen Illuminaten wurde. Knigge war Spezialist für Geheimgesellschaften und
er war in Kassel der rektifizierten Loge "Zum gekrönten Löwen"
beigetreten, wo er auch zum inneren Orden zugelassen wurde.
Da er die erhoffte hermetische Unterweisung dort nicht
erhielt, wollte er den Gold- u. Rosenkreuzern beitreten. Die Berliner Gold- u.
Rosenkreuzer lehnten ihn als Kandidaten jedoch ab.
In seiner mystischen Phase war er überzeugt, daß der Fall des
Menschen durch den körperlichen (maßlose Sinnesfreuden) entstanden war und
deshalb müsse man nun beim Körper wieder anfangen mit asketischer
Lebensführung. Dazu gehöre noch eine moralische Kur und Meditation über
erhabene Inhalte, um Gelassenheit des Weisen zu erreichen, der die Bindung an
die Materie überwunden habe und dadurch für Eingebungen von Oben geöffnet
würde. Knigge durfte auf Einladung Weißhaupts die höheren Rituale, die noch
unvollständig waren, nach seinem eigenen Wissen fertig schreiben. Unter Knigge
konnte die Zahl der Mitglieder der Illuminaten auf über 300 gesteigert werden.
Die Bayrischen Illuminaten wollten nun beim Konvent
intervenieren, indem sie die eher rationalistisch denkenden Brüder auf ihre
Seite bringen bzw. auch in ihren Orden aufnehmen wollten. Dazu mußten sie
jedoch zunächst eine Spaltung der Mitglieder der Str. Obs. herbeiführen, da
sich der Orden doch als stabil genug erwies, um ihrer Propaganda zu
widerstehen.
Einen Verbündeten fanden die Illuminaten in Bruder von
Dittfurth, Assessor am Reichskammergericht, Meister vom Stuhl der
rektifizierten Loge "Joseph zu den drei Helmen" und Präfekt des
Templerkapitels von Kreuznach, außerdem Mitglied des inneren Ordens. Die
Illuminaten nahmen Dittfurth in ihren Orden auf. Knigge und Dittfurth einigten
sich genau über die Rolle, die jeder beim Konvent spielen sollte. Das Ziel der
Reform ihres Rationalismus war die Rückkehr zu den symbolischen Graden (3 blaue
Grade).
Dittfurth hatte als Kompromiß jedoch zumindest einen vierten
Grad errichten wollen, in dem immer noch von der Templerlegende die Rede sein
sollte.
Knigge und Dittfurth konnten nicht gewinnen, aber sie
erschwerten Herzog Ferdinand und Willermoz deren gemeinsames Vorhaben. Die
beiden letzteren hatten durchaus ihre Trümpfe im Spiel: Sie konnten bei der
Versammlung auf entscheidende Parteigänger zählen, die allem zustimmen würden,
was derart mächtige Persönlichkeiten vorzuschlagen hätten. (Dazu zählten die
Großprofessen Giraud, Saltzmann, Jean und Bernard de Türkheim, Diethelm Lavater
und dessen Stellvertreter Keyser, sie konnten aber auch auf Kolowrat oder auch
auf Seckendorf zählen, der sich den mystischen Studien Keysers angeschlossen
hatte).
Die Mystiker waren im Besitz mehrerer Mandate und Willermoz
konnte schließlich ein gut durchorganisiertes System vorweisen, um das alte,
das man fast schon bereit war über Bord zu werfen, zu ersetzen. Allerdings
würde es nötig sein, die Lyoner Reform übernehmen zu lassen, ohne ihre
spezifische Eigenart zu enthüllen, denn die Professio sollte geheimgehalten
werden.
Da jedoch die vielen Rundschreiben Herzog Ferdinands bei den
einen Hoffnung, bei den anderen Verwirrung und Argwohn erregt hatten, hatten
die Rationalisten gute Chancen, dem Mystizismus der Wohltätigen Ritter kräftig
Paroli zu bieten. Doch die Lyoner Mystiker sollten letzendlich Erfolg haben.
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